„Der letzte Weg“

Eine Aktion am 9. Mai gegen das Vergessen

Mit der Aktion „Der letzte Weg“ sollte am 9. Mai, am Tag des Sieges über das todbringende Regime der Hitlerfaschisten, an die Menschen erinnert werden, die ihr Leben verloren haben. Am Gedenkstein an der Westfalenhalle, genau dort wo sich der Eingang zum Kriegsgefangenenlager Stalag VI D befand, wurde mit den Portraits von 80 dort verstorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen an die Leiden und den Tod tausender Menschen erinnern. Danach machten sich die Teilnehmer*innen auf den Weg zum internationalenFriedhof. Der Weg, den die Teilnehmer*innen zurücklegten, war für tausende Menschen ihr letzter Weg. Auf dem internationalen Friedhof am Rennweg stellten die Teilnehmer*innen die 80 Portraits der Kriegsgefangenen auf. Für kurze Zeit soll mit der Aktion „Der letzte Weg“ 80 von mehreren tausend Menschen ein Name und ein Gesicht geben werden.

Am 8. bzw. am 9. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Der Sieg der Alliierten über Nazideutschland brachte ganz Europa und auch den Menschen in Deutschland die Befreiung vom Faschismus. Dieser Sieg über Nazideutschland wurde hart erkämpft, viele Menschen haben dafür ihr Leben gegeben.

Einen sehr großen Anteil an diesem Sieg hatten die Menschen aus den unterschiedlichen Republiken der Sowjetunion – heute eigenständige Länder – Die Sowjetunion und die Rote Armee erkämpften diesen Sieg unter unsäglichen Opfern. 10.000.000 Rotarmistinnen und Rotarmisten verloren ihre Leben. Mindesten  17.000.000 Zivilistinnen und Zivilisten wurden ums Leben gebracht. Jede Familie in der ehemaligen Sowjetunion hat Opfer zu beklagen.

Das „Unsterbliche Regiment“

Der Tag des Sieges über den Faschismus ist in vielen Ländern ein Tag der Freude, der besonders feierlich begangen wird. So findet seit einigen Jahren in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion die zivilgesellschaftliche Aktion „Das Unsterbliche Regiment“ statt. Die Menschen erinnern sich und bewahren so die Geschichte ihrer Familienangehörigen, in dem sie auf den Straßen und Plätzen ihrer Stadt das Portrait ihrer Angehörigen zeigen.

Diesen Gedanken haben wir am 9. Mai  aufgegriffen und 80 Portraits von sowjetischen Kriegsgefangenen angefertigt, die mit mehrere tausend anderen Kriegsgefangenen in Dortmund starben.
In Dortmund  befand sich ein großes Kriegsgefangenenlager, das Mannschaftsstammlager Stalag VI D. Männer aus Polen, Frankreich, Serbien, Italien waren in diese Lager eingesperrt. Das schrecklichste Schicksal hatten die sowjetischen Kriegsgefangenen, die im Lager C waren. Sie wurden rassistische verfolgt, gedemütigt und verachtet, ihnen wurden alle Rechte von Kriegsgefangenen abgesprochen. Man brachte sie zur Zwangsarbeit in die Stahlwerke und Rüstungsbetriebe im Ruhrgebiet, in die Betriebe und Einrichtungen im Sauerland und im Münsterland. Tausende überlebten die Zwangsarbeit nicht.

Sie starben im Lazarett des Stalag VI D. Ihr letzter Weg führte sie vom Stalag VI D an der Westfalenhalle über die heutige B1 zum Ausländerfriedhof, wo sie anonym begraben wurden. Heute ähnelt dieser Friedhof einem Park, die Gräber der Verstorbenen sind eingeebnet, es gibt keine Grabsteine, keine Kreuze mit den Namen des Verstorbenen.

Gegen das Vergessen

79 Jahre nach der Befreiung Europas vom Faschismus erinnern sich viele Politiker nicht mehr daran, dass Millionen Sowjetsoldaten dafür ihr Leben gaben. Gegen das Vergessen soll hier nicht mehr gelten.
Auch in Dortmund scheint diese Erinnerung nicht zu passen. Außer einem Gedenkstein gibt es keine Erinnerung an das Stalag VI D. Auf dem Internationalen Friedhof erinnert bis heute keine Grab, kein Kreuz und kein Grabstein namentlich an die sowjetischen Kriegsopfer, obwohl ihre Namen bekannt sind. Die lange geplanten Namensstelen wurden bisher nicht auf dem Internationalen Friedhof aufgestellt. Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern dazu werden nicht beantwortet

Die Stadtgesellschaft in Dortmund hat sich gegen das Auftreten von Nazis in ihrer Stadt gewehrt. Doch wer heute ernsthaft gegen Rechtsradikalismus demonstriert und nie wieder Faschismus will, muss sich erinnern, dass die Befreiung Deutschlands ungeheure Opfer der Alliierten und ganz besonders der Sowjetunion gefordert hat.

Stellungnahme des Historischen Vereins Ar.kod.M zur aktuellen Situation der Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne

Wie wir erfahren haben, hat es der Kreistag des Landkreises Gütersloh abgelehnt zukünftige eine Beteiligung an den Betriebskosten der „Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne“ zu übernehmen. Der Fortbestand der Gedenkstätte ist damit gefährdet. Der Historische Verein Arkod.M e.V. , der sich mit dem Schicksal sowjetischer Kriegsgefangener, die während des zweiten Weltkriegs in deutsche Gefangenschaft geraten sind, beschäftigt, hat diese Entscheidung mit Trauer und Empörung zur Kenntnis genommen. Die Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne war in den vergangenen Jahrzehnten einer der wichtigsten Erinnerungsort in ganzem westdeutschen Raum.

Während des 2. Weltkriegs war das Stalag 326 (VI K) Senne im Westen Deutschlands das größte Registrierungslager insbesondere für sowjetische Kriegsgefangenen. Es war darüber hinaus ein Ort an dem Kriegsgefangenen verschiedener Länder gequält und getötet wurden. In Nordrhein-Westfalen gehört es heute zu den wenigen Orten an denen Originalgebäude der Mannschaftsstammlager (Stalag) erhalten geblieben sind. In diesen Gebäuden befindet sich die Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne, die mit einem beispielhaften bürgerschaftlichen Engagement betrieben wird. Dort befindet sich neben einer Ausstellung auch ein Archiv mit Dokumenten. Die Gedenkstätte ist daher von großer Bedeutung für die Erinnerungsarbeit. Während des 2. Weltkriegs gab es in den Wehrkreisen der deutschen Wehrmacht eine große Zahl von Kriegsgefangenenlagern. An sehr vielen Orten sind nicht nur die Gebäude der Lager verschwunden, sondern auch die Erinnerung an die Lager und die Menschen, die hier gefangen gehalten wurden. Insofern ist die Gedenkstätte Stalag 326, die sich in den letzten erhaltenen Gebäuden des Stalag 326 befindet, ein wichtiger Ort der Erinnerung. Sollte ein solcher Eckstein fallen, hat das Auswirkungen auf die Gedenk- und Erinnerungsarbeit in unserem Land.

Unsere Forschungen über verschiedene Arbeitseinsätze und Arbeitskommando von sowjetischen Kriegsgefangenen und verschleppten Zivilisten zeigen geraden die Verbindung zwischen Stalag 326 und anderen Lagern in Westdeutschland. Das Stalag 326 (VI K) Senne war ein Registrierungs- und Musterungslager für Kriegsgefangene. Die als arbeitsfähig befundenen Kriegsgefangenen wurden von hier aus in die Kriegsgefangenenlager im Ruhrgebiet, in die Stalags VI A Hemer und VI D Dortmund, gebracht und von dort in die Arbeitskommandos der Rüstungsindustrie, der Zechen und Stahlwerke. Bereits im Herbst 1941 brachte man die ersten sowjetischen Kriegsgefangenen aus dem Stalag 326 (VI K) in das Stalag VI D nach Dortmund.

Einer dieser Kriegsgefangenen war Nikolai Nowikow. Er stammte aus dem Gebiet Leningrad. Als er am 11. Juli 1941 in deutsche Kriegsgefangenschaft geriet, war er 32 Jahre alt. Am 16. Oktober 1941 kam er im Stalag 326 (VI K) in der Senne an und wurde dort registriert . Man brachte ihn dann nach Dortmund in das Stalag VI D an der Westfalenhalle. Dort sollte er mit anderen Gefangenen das Lager C aufbauen. Er starb am 6. November 1941 im Stalag VI D und wurde am 11. November auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg in Dortmund begraben.

Ab Herbst 1942 wurden im Ruhrgebiet und Westfalen sowjetische Kriegsgefangene in großer Zahl eingesetzt. Dies geschah auf Verlangen von Vertretern des Ruhrbergbaus und der Stahlindustrie, denn durch die zunehmende Einberufung von Männern zur Wehrmacht bestand ein großer Arbeitskräftemangel.Das Stalag 326 (VI K) Senne wurde nun im Lagersystem der Wehrmacht einer der wichtigsten Ort im Westen Deutschlands für die Registrierung, Musterung und Verteilung von Kriegsgefangenen zur Zwangsarbeit im Ruhrgebiet, in Westfalen und im Rheinland.

Der sowjetische Kriegsgefangene Daniil Kowalenko geriet am 3. Juni 1942 bei Sewastopol in deutsche Kriegsgefangenschaft. Er wurde im Stalag 326 (VI K) Senne registriert. Man brachte ihn am 11. November 1942 in das Stalag VI A nach Hemer und am 1. Dezember dann in ein Arbeitskommando nach Dortmund auf die Zeche Kaiserstuhl. Nachdem er durch die schwere Arbeit auf der Zeche arbeitsunfähig und krank wurde, kam er am 19. Juni 1944 ins Emsland, in das Stalag VI C Bathorn, wo er kurze Zeit später starb.

Die Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne erforscht seit vielen Jahren das Leben und Leiden der Kriegsgefangenen. Durch ihre Arbeit ist sie für viele Menschen ein wichtiger Ort der Erinnerung geworden. Bis heute wenden sich Familien vom umgekommenen Kriegsgefangenen mit Anfragen an die Gedenkstätte, bis heute betreut die Gedenkstätte diese Familien.

Mit ihrer Arbeit hat die Gedenkstätte seit mehreren Jahrzehnten in der Region, im Westen Deutschland und weit darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Erinnerungsarbeit geleistet.

Wie Gedenkstätten der KZs Buchwald, Mauthausen oder Auschwitz über den Ort hinaus wirken und den Besucher*innen die Verbrechen der Nazis in Erinnerung bringen, so leistet auch die Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne einen Beitrag zur Gedenk- und Erinnerungsarbeit. Dies könnte sie umso mehr durch die größeren Möglichkeiten nach der geplanten Neukonzeption und Erweiterung.

Die Gedenkstätte muss erhalten bleiben und erweitert werden, da sie für die Erinnerungsarbeit ein Eckstein ist. Auf diesem Grund bitten wir den Kreistag des Kreises Gütersloh noch einmal dieses Thema zu diskutieren und erforderlichen Mittel bereitzustellen.

Dortmund, 4. Oktober 2023

Stepan Iwanowitsch ist unser Verwandter

Der Historische Verein Ar.kod.M erhielt vor kurzem eine Nachricht in der stand: „In einer von Ihnen erstellten Namensliste für den internationale Friedhof Dortmund, haben wir den Namen unseres Großvater gefunden. Leider ist der Name falsch geschrieben- Rebuschapka, aber alle anderen Daten sind eindeutig vom ihm. Stepan Iwanowitsch ist unser Verwandter“. Der Nachricht war seine Photographie beigefügt. Stepan Rjaboschapka starb am 1. Februar 1943 in Dortmund.

Er stammte aus dem Gebiet Odessa, wo er 1898 geboren wurde. Im Sommer 1941 wurde er zur Roten Armee eingezogen. Im Sommer 1942 war er in Rostow am Don. Dort tobte eine erbitterte Schlacht. Die Rote Armee versuchte die Stadt, die sie im Herbst 1941 von der deutschen Wehrmacht zurückerobert hatte, zu verteidigen, musste sich aber Ende Juli geschlagen geben. Stepan Rjaboschapka geriet am 14. Juli 1942 bei der Verteidigung Rostows in deutsche Kriegsgefangenschaft. Man brachte ihn in das 1000 km entfernte Stalag 358 Schitomir. Die Gefangenen mussten lange Fußmärsche zurücklegen. Sie erhielten kaum Verpflegung und Wasser. Der Transport mit der Bahn geschah oft in offenen Waggons. Von Stalag 358 Schitomir brachte man ihn für den Arbeitseinsatz im Ruhrgebiet in das 1500 km entfernte Stalag 326 Senne.  Nach den Strapazen eines taglangen Transports ohne ausreichende Nahrung in überfüllten Waggons in sommerlicher Hitze waren die Männer geschwächt, fast verhungert und verdurstet. Vom Stalag 326 kam er nach Dortmund in das Stalag VI D, um zur Arbeit in den Stahlwerken und Rüstungsbetrieben in Dortmund und Umgebung eingesetzt zu werden. Stepan Rjaboschapka starb am 1. Februar 1943 nach nur 201 Tagen in deutscher Kriegsgefangenschaft. Man begrub ihn auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg. Er war 45 Jahren alt und hinterließ eine Ehefrau und 6 Kinder, seine jüngste Tochter war 6 Jahre alt als sie ihren Vater verlor. Elena Rjaboschapka und ihre Kinder blieben jahrzehntelang im Ungewissen. Sie hatten keine Nachricht von ihrem Ehemann und Vater.

Erst nach 80 Jahren fand seine Familie in einer Liste sowjetischer Kriegsopfer des Internationalen Friedhofs in Dortmund seinen Namen. Seine Enkeltochter Natalja wandte sich an den Historischen Verein Ar.kod.M und bat in ihrer Nachricht auch: „Senden Sie uns ein Foto von seinem Grab. Seine Tochter, das letzte von 6 Kindern, lebt heute noch in der Region Odessa. Sie ist 86 Jahre alt und würde sich sehr über ein solches Foto freuen. Meine Schwester lebt zur Zeit in Flensburg und würde gerne irgendwann nach Dortmund kommen, um das Grab zu besuchen.“

Stepan Iwanowitsch Rjaboschapkas  Grab liegt am baumbestandenen, efeubewachsenen Rand des Internationalen Friedhofs am Rennweg in Dortmund. Dort erinnert nun eine Photographie mit seinem Namen an ihn.

Erinnern Gedenken Mahnen

am 22. Juni 1941 wurde die Sowjetunion von der deutschen Wehrmacht überfallen.

Mit einer Gedenkstunde an der Westfalenhalle erinnert der Förderverein Gedenkstätte Steinwache-Internationales Rombergpark Komitee und Ar.kod.M e.V. am 22. Juni 2023 um 18.00 Uhr an den Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion und an das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen in Dortmund.

Das Kriegsgefangenenlager an der Westfalenhalle

Nach dem Hitlerdeutschland die Sowjetunion überfallen hatte, gerieten im Sommer und Herbst 3.000.000 Rotarmisten in deutsche Kriegsgefangenschaft.
Bereits seit Herbst 1939 gab es in Dortmund ein Kriegsgefangenenlager, das Stalag  VI D. Die Wehrmacht hatte dafür die Westfalenhalle übernommen und in der Halle ein Lager für polnische und französische Kriegsgefangene eingerichtet. Im September 1941 trafen erstmals sowjetische Kriegsgefangene in Dortmund ein. Auf dem heutigen Messegelände unweit der Westfalenhalle entstand nun im Stalag VI D Dortmund das Lager C für sie.

Lageplan des Lager C im Stalag VI D, Quelle: https://stalag6a6d.fr/AccesPublic/Stalag_VI_D_3.php

Kriegsgefangene leisten Zwangsarbeit

Die Lebensbedingungen im Lager C waren besonders hart. Entkräftet vom langen Weg von den Frontlagern ins Ruhrgebiet, auf dem sie oft weder Wasser und nach Nahrung erhielten, kamen die sowjetischen Kriegsgefangenen im Dortmunder Lager an. Doch auch hier erhielten die Männer nur eine minimale Versorgung. Von Lager aus wurden sie zur Zwangsarbeit auf Zechen, in Stahlwerke und in Rüstungsbetrieben des Ruhrgebiets gebracht. Dort waren sie in umzäunte und bewachte Lagern, den Arbeitskommandos, in der Nähe der Betriebe untergebracht. In den Betrieben mussten die Männer bis zur völligen Erschöpfung schwerste Arbeit leisten. Sie erhielten weder eine ausreichende Ernährung noch geeignete Kleidung für diese Arbeit. Sie litten zudem unter katastrophalen Wohnverhältnissen, mangelnder medizinischer Versorgung und rassistischer Gewalt. Wenn sie völlig erschöpft und nicht mehr arbeitsfähig waren, wurden die Männer in das Stalag VI D zurückgeschickt. Tausende starben dort an den Folgen von Arbeitsunfällen, Krankheiten und Erschöpfung.

Erinnerung heute

Insgesamt gerieten mehr als 5.000.000 Rotarmisten in deutsche Kriegsgefangenschaft, annährend 3.000.000 von ihnen überlebten die Gefangenschaft nicht.

Heute erinnert ein Gedenkstein an das Stalag VI D und das Schicksal der Gefangenen. Der Gedenkstein befindet sich in der Nähe des Eingangsbereichs zu den Messehallen, dort wo einst der Zugang zum Lager C des Stalag VI D war.

Vielfache Bedrohungen – kein Schutz

Als die Dortmunder Nordstadt, die Westfalenhütte und die Zeche Kaiserstuhl am 5. Mai 1943 durch einen schweren Bombenangriff getroffen wurde, waren im Arbeitskommando 607R, Zeche Kaiserstuhl wohl mehr als 500 sowjetische Kriegsgefangenen. Sie waren dem Bombenhagel schutzlos ausgesetzt, da es ihnen nicht erlaubt war Schutzräume aufzusuchen. 194 von ihnen starben in dieser Nacht. Für die etwa 300 Überlebenden waren jedoch die Bombennächte bei weitem nicht die einzige Gefahr für ihr Leben. Zahlreiche Männer, die dem Bombenhagel entronnen waren,  starben in den folgenden Monaten.

Hunger, schwerste Arbeit und fehlende Versorgung

Hauptgrund für die hohe Sterblichkeit sowjetischer Kriegsgefangener war die ungenügende Ernährung. Wehrmacht und Zechenleitungen wiesen sich gegenseitig die Verantwortung für den schlechten Ernährungszustand der Männer zu. Schon kurz nachdem sowjetische Kriegsgefangene auf den Zechen des Ruhrgebiets eingesetzt wurden, stellten die Lagerärzte bei den Verstorbenen häufig eine durch Unterernährung bedingte Herzschwäche als Todesursache fest. Doch auch das Risiko bei der Arbeit zu verunglücken war für sowjetische Kriegsgefangene mehr als doppelt so hoch wie für den Rest der Belegschaft. Die Arbeit unter Tage in staubiger und feuchter Umgebung und in ungeeigneter Kleidung verursachten eitrige Geschwüren und Furunkulose. Die Arbeitsbedingungen unter Tage ebenso wie die miserablen Wohnverhältnisse und die schlechte Beheizung der Unterkünfte führten zu Erkältungskrankheiten und in der Folge zu Lungenentzündungen, die oft tödlich endeten. Seit Sommer 1943 wurde zudem Lungentuberkulose zu einem ernsten gesundheitlichen Problem für die Gefangenen.

Mitte 1944 waren 10 % der Kriegsgefangenen im Wehrkreis VI revierkrank und weitere 8 % lazarettkrank. Kranke wurden aus den Arbeitskommandos in das nächste zuständige Kriegsgefangenenlazarett gebracht. Die Lazarette waren jedoch oft so überfüllt, dass die Gefangenen in den Arbeitskommandos blieben mussten. Schwerkranke brachte man in die Lazarette der Stalags VI A Hemer oder VI D Dortmund und ab 1944 in das Stalag VI C Bathorn im Emsland und in seine Zweiglager.

Neun Biographien

Das Los der neun Männer des Arbeitskommandos 607R zeigt beispielhaft wie schnell ihre Kräfte durch schwerste Arbeit, Hunger und fehlende Versorgung erschöpft waren. Die Neun waren mit tausenden anderen im Sommer und Herbst 1942 von den Frontlagern im Stalag VI K in der Senne angekommen. Dort wurden sie registriert und als bergbautauglich gemustert. Am 11. November brachte man sie in das Stalag VI A Hemer, das seit Herbst 1942 ausschließlich für die Zuweisung von Kriegsgefangenen für den Ruhrbergbau zuständig war. Mitte November 1942 kamen die Männer im Arbeitskommando 607R Zeche Kaiserstuhl an.

Schneller Tod im Russenlazarett

Semjon Kalinin wurde am 12. Mai 1902 im Gebiet Orlow geboren. Er war verheiratet und arbeitete in der Landwirtschaft. Am 24. Juli 1942 geriet er Woroschilowgrad, dem heutigen Lugansk in deutsche Kriegsgefangenschaft.
Nach dem Bombenangriff am 5. Mai 1943 brachte man ihn am 7. Mai nach Bockum-Hövel in das Arbeitskommando 503R Zeche Radbod. Am 17. August 1943 kam er ins Krankenrevier. Man brachte ihn noch in das „Russenlazarett“, wo er am 18. August 1943 an Herzschwäche starb.

Egor Merkulow wurde im Jahr 1917 im Gebiet Woronesch geboren. Von Beruf war Arbeiter, er war verheiratet. Am 28.Oktober 1941 geriet er auf der Krim in deutsche Kriegsgefangenschaft.
Auch er überlebte den Bombenangriff am 5. Mai 1943, doch bereits am 15. Mai 1943 brachte man ihn in das Lazarett im Stalag VI A Hemer, wo er am 20. Mai 1943 an Lungenentzündung starb.

Iwan Rjabinin
wurde am 24. Januar 1921 im Gebiet Mogilow geboren. Er war in der Landwirtschaft tätig. Am 14. Juni 1942 geriet er bei Sewastopol in deutsche Kriegsgefangenschaft.
Den Bombenangriff am 5. Mai 1943 überlebte er, am 8. Juli 1943 brachte man ihn ins Krankenrevier und dann in das Stalag VI C Bathorn, wo er am 16. Juli 1943 an Lungen-TBC starb.

Tod im Arbeitskommando 607R

Makar Buscha wurde im Mai 1914 im Gebiet Nikolajew geboren. Er war verheiratet und arbeitete in der Landwirtschaft. Im April 1942 geriet im Donbass in deutsche Kriegsgefangenschaft.
Bei dem Bombenangriff am 5. Mai 1943 wurde er verletzt und war vom 9. Mai bis 25. Juni im  Krankenrevier. Am 2. Juli 1943 kehrt er in das Arbeitskommando 607R Zeche Kaiserstuhl zurück. Am 24. Juli erlitt er bei einem Arbeitsunfall eine Quetschung des Ellenbogens.
Am 13. Mai 1944 starb er im Krankenrevier der Arbeitskommandos 607R an Lungenentzündung.

Grigorij Prazko
wurde am 19. Januar 1923 im Gebiet Nikolajew geboren. Er war von Beruf Arbeiter. Im Juni 1942 geriet er bei Kertsch in deutsche Kriegsgefangenschaft.
Nach dem Bombenangriff am 5. Mai 1943 blieb er im Arbeitskommando 607R Zeche Kaiserstuhl . Vom 7. Juli bis 2. September 1943 war er im Krankenrevier. Dann kehrte er in das Arbeitskommando 607R Zeche Kaiserstuhl zurück.
Am 17. März 1944 starb er im Arbeitskommando 607R an Erstickung.

Tod im Emsland

Efim Bidorisch wurde im Jahr  1914 im Gebiet Nikolajew geboren. Er war verheiratet und arbeitete in der Landwirtschaft. Am 26. September 1941 geriet er bei Sewastopol in deutsche Kriegsgefangenschaft.
Nach dem Bombenangriff am 5. Mai 1943 brachte man ihn am 7. Mai nach Bockum-Hövel in das Arbeitskommando 503R Zeche Radbod, von wo er am 13. September 1943 in das Arbeitskommando 607R Zeche Kaiserstuhl zurückkehrte.
Am 19. Juli 1944 kam er ins Lagerlazarett, am 8. August 1944 brachte man ihn in das Stalag VI C Bathorn, Zweiglager Wietmarschen, wo er am 27. Oktober 1944 starb.

Daniil Kowalenko wurde im Jahr 1914 im Gebiet Nikolajew geboren. Von Beruf war Zimmermann. Am 3. Juni 1942 geriet er bei Sewastopol in deutsche Kriegsgefangenschaft.
Bei dem Bombenangriff am 5. Mai 1943 wurde er verletzt. Vom 9. Mai bis 27. Juli war er im  Krankenrevier. Am 30. Juli 1943 kehrt er in das Arbeitskommando 607R Zeche Kaiserstuhl zurück. Dort erlitt er am 9. August 1943 bei einem Arbeitsunfall eine Quetschung der Hand.
Am 7. Juni 1944 kam er ins Lagerlazarett. Am 19. Juni 1944 brachte man ihn in das Stalag VI C Bathorn, Zweiglager Alexisdorf, wo er am 11. September 1944 starb.

Pjotr Kriwoschejew wurde am22.Juni 1914 im Gebiet Nikolajew geboren. Von Beruf war er Tischler, er war verheiratet. Am 23. Mai 1942 geriet er bei Sewastopol in deutsche Kriegsgefangenschaft.
Nach dem Bombenangriff am 5. Mai 1943 brachte man ihn am 7. Mai nach Bockum-Hövel in das Arbeitskommando 503R Zeche Radbod, von wo er am 5. Oktober 1943 in das Arbeitskommando 607R Zeche Kaiserstuhl zurückkehrte.
Am 20. Juni 1944 kam er ins Lagerlazarett. Am 14. Juli 1944 brachte man ihn in das Stalag VI C Bathorn, Zweiglager Alexisdorf, wo er am 22. Juli 1944 starb.

Alexej Tschumankow
wurde am 13. März 1909 im Gebiet Amur geboren. Er war Landarbeiter und verheiratet. Am 21. Juli 1942 geriet er bei Rostow in deutsche Kriegsgefangenschaft.
Nach dem Bombenangriff am 5. Mai 1943 blieb er im Arbeitskommando 607R Zeche Kaiserstuhl.
Am 26. Juli 1944 brachte man ihn ins Lagerlazarett. Von dort am 5. September 1944 zunächst in das Stalag VI C Bathorn, Zweiglager Wesuwe und am 7. September in das Zweiglager Alexisdorf, wo er am 4. November 1944 starb.

Erinnerung an die Zwangsarbeiter

Einige der Kriegsgefangenen brachte man nach der Bombennacht am 5. Mai 1943 für kurze Zeit von der Zeche Kaiserstuhl, die sich im Besitz von Hoesch befand, auf der Zeche Radbod in Bockum-Hövel, die ebenfalls Hoesch gehörte.
Auf dem ehemaligen Gelände der Zeche Radbod wurde unlängst eine Geschichtsstele zur Erinnerung an die Menschen, die auf der Zeche Radbod Zwangsarbeit leisten mussten, errichtet. Erfreulich wäre es, wenn auch in Dortmund Erinnerungsorte für die Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen der zehn Dortmunder Zechen geschaffen würden.

Zwangsarbeit im Ruhrbergbau

Als Hitlerdeutschland am 22. Juni 1941 die Sowjetunion überfiel, ging nicht nur darum, den Sowjetstaates zu beseitigen und die Menschen zu versklaven. Millionen Menschen sollten ermordet werden. Der Vernichtungskrieg gegen Sowjetunion und die Menschen dort wurde aber nicht nur im Osten geführt, sondern er setzte sich im Deutschen Reich fort. Millionen sowjetische Bürger*innen wurden verschleppt und mussten Zwangsarbeit leisten. Viele kamen ins Ruhrgebiet und ins Rheinland und mussten auf Zechen, in Stahlwerken und Rüstungsbetrieben schuften. Ein besonders hartes Schicksal hatten die sowjetischen Kriegsgefangenen.

Die deutsche Schwerindustrie profitiert

Kohle war für die Stahlwerke und Rüstungsbetriebe der wichtigste Energieträger. Im Ruhrgebiet gab es in den 1930ziger Jahren mehr als 120 Zechen. Um den Energiebedarf für die Stahlwerke und Rüstungsbetriebe zu sichern und den Arbeitskräftemangel, der durch die zunehmende Einberufung von Bergleuten zur Wehrmacht entstanden war, zu beseitigen, forderte die Reichsvereinigung Kohle bereits im Sommer 1941 sowjetische Kriegsgefangene verstärkt im Bergbau einzusetzen. Die Reichsvereinigung Kohle wurde im Frühjahr 1941, auf Vorschlag der Industrie, gegründet. Beteiligt waren u.a. Alfred Krupp und Friedrich Flick. Vorsitzender wurde Paul Pleiger, der aus Witten stammte. Er war ein sehr hoher Nazifunktionär und wurde nach dem Krieg wegen Verbrechen gegen den Frieden, Plünderung und Beteiligung an Zwangsarbeiterprogrammen angeklagt und zu 15 Jahren Freiheitsstrafe verteilt. Er kam jedoch bereits 1951 frei.


Mit ihrer Forderung sowjetische Kriegsgefangene auf den Zechen einzusetzen, hatte die Reichsvereinigung Kohle im Sommer 1942 Erfolg. Zur schnellen Zuweisung der Gefangenen funktionierte die Wehrmacht im Oktober 1942 das Stalag VI A (Mannschafts-stammlager) im sauerländischen Hemer zu einem speziellen „Bergbaulager“ um. Bereits im Herbst 1942 wurden sowjetische Kriegsgefangene in großer Zahl aus anderen Stalags in das Stalag VI A gebracht und von dort kamen sie sofort in die Arbeitskommandos, die sich ganz in der Nähe der Zechen befanden. Auch in Dortmund, u.a. auf Zeche Kaiserstuhl, die damals Hoesch gehörte, oder auf den Zechen der Gelsenkirchener Bergbau-AG, wurden sowjetische Kriegsgefangene in großer Zahl eingesetzt. Die Gelsenkirchener Bergbau-AG (GBAG) wurde in den 1930er Jahren als Betriebsgesellschaft für die Zechen der Vereinigten Stahlwerk AG gegründet. Erster Vorsitzender des Aufsichtsrates war Albert Vögler, Vorstandsvorsitzender war Gustav Knepper, der bekennender Nazi war und für seinen Umgang mit den Zwangsarbeitern das Kriegsverdienstkreuz erhielt. 1942 wurde Otto Springorum sein Nachfolger. Ehrenvorsitzender war der ehemalige Chef der GBAG Emil Kirdorf. In Dortmund gehörten der GBAG sechs vom  elf Zechen: Westhausen, Hansa, Minister Stein, Adolf von Hansemann, Zollern/Germania und Fürst Hardenberg.

Sklavenarbeit im Ruhrbergbau

Im Frühjahr 1943 dürften auf den 11 Dortmunder Zechen jeweils bis zu 500 sowjetische Kriegsgefangene in den Arbeitskommandos, in umzäunten und bewachten Lagern, gewesen sein.

Ohne ausreichende Ernährung, ohne geeignet Kleidung, ohne eine entsprechende Unterkunft und die notwendige Gesundheitsversorgung mussten die Gefangenen auf den Zechen schuften. Sie waren ständigen Demütigungen und Bestrafung ausgesetzt. Bombenangriffen waren sie ausgeliefert, da es ihnen nicht erlaubt war Schutzräume aufzusuchen. Bereits nach kurzer Zeit waren die Gefangenen aufgrund der schweren Arbeit und katastrophalen Lebensbedingungen völlig entkräftet und krank. Sie wurden in das Lazarett des Stalag VI D an der Westfalenhalle in Dortmund gebracht, wo viele starben und auf dem Ausländerfriedhof anonym begraben wurden.


Im Sommer 1944 schufteten rd. 94.000 sowjetische Kriegsgefangene im Ruhrbergbau. Die Gelsenkirchener Bergbau-AG und alle anderen Eigner der Zechen haben von der Sklavenarbeit sowjetischer Kriegsgefangener erheblich profitiert. Ebenso profitiert hat die Wehrmacht, die für jeden Gefangenen, der in der Industrie oder in die Landwirtschaft schuften musste, von den Unternehmen Geld erhielt. Über die Wehrmacht profitierte der faschistische Staat von den Gefangenen.

Die Opfer der Zwangsarbeit wurden schnell vergessen

In der Nachkriegszeit wurden die Menschen, die Opfer der Zwangsarbeit wurden, schnell vergessen. Nach ihnen wurde nicht geforscht, ihre Gräber wurden eingeebnet, ihre Namen wurden nicht genannt und blieben vielfach unbekannt. Das setzt sich bis heute fort, auch in Dortmund. Auf dem Internationalen Friedhof wird das Ausmaß des Sterbens und die Anzahl der sowjetischen Kriegsopfer bis heute nicht deutlich und die verstorbenen sowjetischen Bürger*innen haben auch 77 Jahre nach dem Ende des Krieges in der Öffentlichkeit keinen Namen. Die lange geplante Errichtung von Namensstelen für die sowjetischen Kriegsopfer ist bis heute nicht erfolgt. Inzwischen wurde das Projekt, nach Aussagen der Stadt Dortmund, wegen des Kriegs in der Ukraine zurückgestellt.

Gedenken am 22. Juni 2022 in Dortmund

Am 22. Juni 1941 begann der  Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion. 27 Millionen Menschen aus der Sowjetunion verloren ihr Leben. Nahezu jede Familie hat Opfer zu beklagen.
In Dortmund wurde mit einem Gedenken an der Westfalenhalle und auf dem Internationalen Friedhof an den Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion erinnert.

Von der Wehrmacht wurde dieser Vernichtungskrieg aktiv und mit ideologischer Überzeugung umgesetzt. Dazu gehörten die Erschießung aller gefangenen Politkommissare der Roten Armee, die Massaker an der Zivilbevölkerung zur Vergeltung von sowjetischen Partisanenaktionen und das Massensterben infolge der deutschen Hungerpolitik. 10 Millionen Soldaten der Wehrmacht trugen an der Ostfront die Verantwortung für den Tod von 11 Millionen Rotarmisten und 14 Millionen Zivilisten. Der Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion ermöglichte erst den Holocaust. SS-Einheiten und Polizei-Bataillone ermordeten in der Sowjetunion mehr als 3 Millionen Juden.

3,3 Millionen sowjetische Soldaten starben in deutscher Kriegsgefangenschaft

Ein Großverbrechen war der lange geleugnete und vergessene Tod von 3,3 Millionen sowjetischen Soldaten in deutscher Kriegsgefangenschaft. Sie waren Wehrmachtssoldaten als Bewachern ausgeliefert und wurden zu Tausenden erschossen. Die meisten starben an Hunger, an Seuchen und nicht behandelten Krankheiten. Die Sterblichkeit lag bei 60 Prozent. Ab Herbst 1942 wurden sowjetische Kriegsgefangene zur Zwangsarbeit eingesetzt. Viele kamen ins Ruhrgebiet. Ohne ausreichende Ernährung, ohne geeignet Kleidung, ohne eine entsprechende Unterkunft und ohne die notwendige Gesundheitsversorgung mussten sie auf den Zechen, in Stahlwerken und Rüstungsbetrieben schuften. Die unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen, die Demütigungen und Bestrafung waren Teil eines rassistischen Programms. Dieser Rassismus rechtfertigte das verbrecherische Handeln.  Der Vernichtungskrieg gegen die Menschen der Sowjetunion wurde im Ruhrgebiet fortgesetzt. Das Stalag VI D in Dortmund an der Westfalenhalle war ein Ort des Leidens und Sterbens für zigtausende sowjetische Kriegsgefangene. Vom Stalag VI D aus wurden sie in die Arbeitskommandos geschickt. Viele kamen völlig erschöpft und krank von der harten Arbeit in das Stalag zurück und starben im Lazarett.

Nikolaj Nowikow starb im Stalag VI D an der Westfalenhalle in Dortmund. Er war der erster sowjetische Kriegsgefangenen, der auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg begraben wurde

Frauen in der Rotenarmee

Ob im Stalag VI D auch Frauen waren ist nicht bekannt. Rotarmistinnen, die in deutsche Kriegsgefangenschaft gerieten, wurden in der Regel sofort von den Männern getrennt. Die gefangenen Frauen wurden bis 1943 nur selten nach Deutschland gebracht. Sie blieben in den Lagern in den besetzten Gebieten in eigens abgetrennten Bereichen. Ab 1943 wurden die Frauen aufgrund des Arbeitskräftemangels im Deutschen Reich offiziell aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Sie mussten – als zivile „Ostarbeiterinnen“ oder als KZ-Häftlinge der SS – Zwangsarbeit leisten. Zwischen 800.000 und einer Millionen Frauen waren zwischen 1941 und 1945 in der Roten Armee

Nikolaj Wazhenin

Er wurde am 25.Mai 1918 im Gebiet Altai in Sibirien im Dorf Welowo geboren. Er war Arbeiter und verheiratet.
Am 27. Juni 1941 geriet er bei Kartus-Beresa in Weißrussland in deutsche Kriegsgefangenschaft. Er wurde im Stalag (Stammlager) 366 Siedlce in Polen registriert und erhielt die Erkennungsmarkennummer 11249. Man brachte ihn am 6. Juli 1942 in das Stalag XI B, Fallingbostel, dort war er in verschiedenen Arbeitskommandos.
Von dort kam er am 12. Januar 1943 kam er in das Stalag VI A Hemer und von dann in das Arbeitskommando 760R Zeche Emscher-Lippe in Datteln. Vom 13. Januar bis 1. März 1944 war er im Lagerlazarett. Dann brachte man ihn in das Stalag VID nach Dortmund und schließlich in das Arbeitskommando R2250 Letmathe.
Am 15. März 1944 starb er im Stalag VI D in Dortmund an Lungen-Tbc. Er wurde am 17. März 1944 auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg auf Feld 7, Grabnummer 4018, begraben. Er war 25 Jahre alt.

Nikolai Nowikow

Nikolaj Nowikow wurde am 20. Mai 1909 geboren, er stammte aus dem Dorf Lugi im Gebiet Leningrad, er war mit Maria Petrowna Nowikowa verheiratet und in der Landwirtschaft tätig.
Am 11. Juli 1941 geriet er in deutsche Kriegsgefangenschaft. Am 16. Oktober kam er im Lager VI K in der Senne an und wurde dort registriert. Er erhielt die Erkennungsmarken-Nr. 13006.
Von dort wurde er nach Dortmund in das Stalag VI D an der Westfalenhalle gebracht, um gemeinsam mit anderen Gefangenen das Lager C aufbauen.
Er starb am 6. November 1941 im Stalag VI D in Dortmund an der Westfalenhalle und wurde am 11. November 1941 auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg auf Feld 2 begraben. Er war 32 Jahre alt.

Wassili Ageew

Er wurde am 20.10.1919 in Tatarstan geboren. Von Beruf war er Dreher und seit Ende 1940 Soldat in der Roten Armee.
Er geriet im Juli oder August 1941 bei Nowgorod in deutsche Kriegsgefangenschaft.
Er wurde im Stalag (Stammlager) VI K (326) Senne registriert und erhielt die Erkennungsmarkennummer 15645. Man brachte ihn im Herbst 1941 in das Stalag VI D Dortmund.
Er starb im Dezember 1941 und wurde auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg in Dortmund beerdigt. Er war 22 Jahre alt.