Wer heute den Friedhof am Rennweg in Dortmund betritt, findet im hinteren Teil eine parkähnliche Anlage und weitläufige Rasenflächen vor. Während des 2. Weltkriegs diente der Friedhof als Beerdigungsort für Menschen, die zur Zwangsarbeit nach Dortmund verschleppt wurde. Zwei Ehrenanlagen erinnern an die Kriegsopfer aus Polen und aus Serbien. Sie tragen die Namen von 157 polnischen und 106 serbischen Zwangsarbeiter*innen. Doch auch die weitläufigen Rasenflächen sind Gräberfelder. Hier ruhen mehrere tausende Menschen, die aus der Sowjetunion zur Zwangsarbeit ins Ruhrgebiet verschleppt wurden und in Dortmund gestorben sind. Es sind Zivilarbeiter*innen und deren Kinder sowie Kriegsgefangene. Wie viele sowjetische Kriegsopfer hier begraben sind, ist nicht bekannt.
Im Stadtarchiv der Stadt Dortmund befindet sich das Sterbebuch für „Russische Kriegsgefangene“, darin finden sich nur 621 Namenseinträge, bei mehr als 3000 Verstorbenen steht „unbekannt“. Durch umfangreiche Recherchen ist es gelungen die Namen und die Geschichte der mehr als 3000 Kriegsgefangenen herauszufinden. Heute wissen wir, dass die Verstorbenen aus allen 15 Sowjetrepubliken kommen.
In der vorliegenden Broschüre stellen wir 12 sowjetische Kriegsgefangene vor, die auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg in Dortmund begraben sind.
Bis heute suchen Familien aus der ehemaligen Sowjetunion nach ihren Angehörigen, die während des 2. Weltkriegs nach Deutschland verschleppt wurden und nicht nach Hause zurückkehrten. Meistens haben sie für diese Suche nur wenig Erinnerungsstücke, z.B. Briefe oder Fotos. Eine Familie sandte eine Anfrage an uns und bat um unsere Mithilfe bei der Suche. Sie besitzt einen Brief aus der Nachkriegszeit, der Auskunft über das Schicksal ihres Angehörigen gibt. In diesem Brief berichtet der Mitgefangene Nikolai Pimburskij der Familie von Jakow Martinowitsch Pugolowkin über dessen Arbeit im Widerstand.
(Brief an Jakow Martinowitsch Pugolowkins Familie)
Der Verfasser des Briefes nennt Jakow Martinowitsch Pugolowkin versehentlich Jakow Michailowitsch
„26. April 1961
Guten Tag Pawel Kuzmitsch,
Ich schreibe in der Hoffnung, dass Jakow Michailowitsch inzwischen zuhause ist. Ihre Nachricht, durch die ich erfuhr, dass er noch nicht nach Hause zurückkehrte war, hat mich sehr erschüttert. Jakow Michailowitsch und ich waren vom Herbst 1942 bis Herbst 1944 gemeinsam in Westdeutschland, in der Stadt Dortmund. Dort arbeiteten wir als Sanitäter im Lazarett für sowjetischen Kriegsgefangene. Das Lazarett war groß. Es gab viele Baracken für verschiedene Kranke: in einer Baracke waren solche mit Magenkrankheiten, in einer anderen die chirurgischen Fälle u.s.w. Ich betreute die Schwerkranken in der Tuberkulosebaracke. In unserer Baracke gab es auch Räume für Patienten mit anderen ansteckenden Krankheiten: z.B. Typhuskranke . Kurz gesagt: die Baracke galt als infektiöse und die Deutschen hatten Angst zu uns zu kommen. Jakow Michailowitsch war Sanitäter und für die Erfassung von Zahlen zuständig. Er bewegt sich wohl in allen Baracken. Er registrierte auch die Gesundgeschriebenen, die wieder in die Arbeitskommandos geschickte wurden, außerdem er gab Informationen über die Anzahl der verbliebenen Leute an die Serben-Übersetzer, die die Lebensmittel bestellten: Suppe und Brot.
Ich und Jakow Michailowitsch waren Mitglieder einer Geheimorganisation und Freunde. In meiner Baracke befand sich ein kleiner Untersuchungsraum, dort war ich ungestört. Jakow Michailowitsch brachte mir Flugblätter, welche ich mit Kohlepapier vervielfältigte und ihm zurückgab. Er wählt zuverlässige Leute unter den Entlassenen aus und übergab ihnen die Flugblätter für die Verbreitung in den Arbeitskommandos, darüber hinaus gab er den Leuten Instruktionen und Aufgaben, wie und welche Sabotageakte gegen die Deutsche durchgeführt werden können: in Betrieben Brände legen, Maschinen und Werkbänke unbrauchbar machen usw. Alle dies macht er mit großer Vorsicht. Ich vervielfältigte aber nur die Flugblätter. Man schützte mich, damit keiner etwas über mich erfährt, denn für mich war es leicht in der Baracke, die als hochinfektiös galt, Flugblätter zu vervielfältigen. Außerdem habe ich auf Anweisung von Jakow Michailowitsch mehrere Kranke länger als infektiöse krankgeschrieben z.B. mit Krätze, so dass sie bei uns mehrere Monate in Quarantäne lagen.
Im Herbst 1944 verhafteten die Deutschen Jakow Michailowitsch und brachten ihn in ein Straflager. Es war aber nicht weit von unserem Lager entfernt. Man brachte ihn noch 3 Mal zu uns in die Banja. Bei dieser Gelegenheit sprach ich mit ihm. Er sagt mir, die Deutschen hätten ihn verhört und immer nach Flugblättern gefragt. Sie wüssten aber nichts Genaues, sondern hätten nur Vermutungen. Er sagte mir auch, die Flugblattaktionen müssten zeitweise unterbrochen werden bis die Deutschen sich beruhigt hätten. Kurz danach überführten die Deutschen alle Ärzte und Sanitäter aus unserem Lazarett in verschiedene andere Lager. Sie vermuteten, dass bei uns irgendwelche Aktion durchgeführt würden und wollten alle Verbindungen zerschlagen.
Auch mich brachten sie in ein anderes Lager. Es stellte sich heraus, dass ich an Tuberkulose erkrankt war. Ich spürte die Krankheit bereits, war aber noch auf den Beinen. Kurze Zeit später wurde ich sehr schwach und hatte jeden Tag bis zu 40 Grad Fieber. Als Schwerkranker hörte ich, dass Jakow Michailowitsch im Gefängnis sitzt. (Wahrscheinlich war er in Gestapo-Haft Anm. d.Ü.). Er hatte versucht durch ein Fenster in einem höheren Stockwerk zu fliehen. Beim Abseilen stürzte er ab und wurde schwer verletzt. Die Deutschen haben ihn wieder inhaftiert. Danach hörte ich nichts mehr von ihm. Ich war damals dem Tode nah und erinnere mich nicht, von wem ich über seinen Fluchtversuch erfuhr.
Bald darauf wurden wir von den Alliierten befreit und der sowjetischen Mission übergeben. Als ich 1945 nach Hause kam, wurde ich als Invalide des Vaterländischen Krieges eingestuft und bekam eine Rente. Ich war schwerkrank und die Ärzte sagten meiner Frau, ich würde die nächsten 2 Wochen nicht überleben. Dennoch blieb ich am Leben und war 3 Jahre krank. 1948 wurde ein neues Medikament – Streptomycin – zugänglich. Es bewirkte, dass ich schnell gesund wurde. Seit 1948 arbeite ich als Lehrer. Es geht mir gut.
Jakow Michailowitsch war ein wahrer Sohn seines Vaterlandes, ein echter Patriot der Sowjetischen Heimat, tapfer, ein furchtloser Kämpfer mit großer Seele, ein verständnisvoller Kamerad, ein großartiger Mensch, alle mochten ihn. Sein Sohn kann auf seinen Vater stolz sein. Auch Kameraden, von denen ich positiven Empfehlungen erhielt, wussten nichts über Jakow Michailowitsch. Möglicherweise habe ich mich schuldig gemacht habe, weil ich Ihnen nicht sofort über meine Begegnung mit Jakow Michailowitsch geschrieben habe, aber ich war todkrank und ich konnte niemandem schreiben.
Ich sende Ihnen meine Glückwünsche zum 1. Mai! Ich verneige mich vor Ihnen und wünsche Ihnen Glück
Nachdem 2. Weltkrieg wurden oft Denkmäler von denen errichtet, die Zwangsarbeit, Hunger, Entbehrungen und rassistische Verfolgung überleben hatten. Sie wollen damit an die erinnern, die diese Qualen nicht überlebt hatten und Opfer des Krieges und der Naziherrschaft wurden. Diese Erinnerung war nach dem Krieg nicht gefragt. Die Denkmäler entsprachen nicht den Vorstellungen derer, die Erinnerungsarbeit im Westen Deutschlands gestaltet haben und dabei große Opfergruppen nicht nannten.
Die Denkmäler in Stukenbrock
Im Mai 1945, nach der Befreiung des Stalag VI K in Stukenbrock, stellte die Lagerkommandatur, die aus ehemaligen Gefangenen des Lagers bestand, eigene Untersuchung über die im Lager begangenen Verbrechen an. Nach den Erinnerungen der Gefangenen wurde die Stelle auf dem nahegelegenen katholischen Friedhof gefunden, an der 41 sowjetische Offiziere beerdigt waren, die im Jahr 1941 Widerstand leisten und erschossen wurden. Gleich nach der Befreiung des Lagers wurde von den Gefangenen, ein kleines Denkmal an diesem Ort errichtet. Als das Fundament gelegt wurde, fand man Munitionsreste und Knöpfe mit Sowjetstern. Das Hauptdenkmal auf dem Lagerfriedhof und das kleine Denkmal trugen das gleiche Motiv, ein Helm und ein Gewehr. Das war ein Symbol für die Einheit der beiden Denkmäler. Bis zum Tag ihrer Abreise in die Heimat hielten ehemalige Kriegsgefangene verschiedener Nationen Ehrenwache auch vor dem kleinen Denkmal. Was mit den beiden Denkmälern in Stukenbrock von 1945 bis in die 1960ziger Jahre geschah ist uns nicht bekannt.
1963 wurde der Abriss des großem Obelisk auf dem ehemaligen Lagerfriedhof beschlossen. Man hielt das Denkmal für unangemessen, die Trauer über den Tod so vieler Menschen zum Ausdruck zu bringen. Stattdessen sollte ein Denkmal mit einer „weinenden Mutter“ errichtet werden. Diese Pläne wurden von der sowjetischen Seite abgelehnt. Der Obelisk auf dem Lagerfriedhof blieb erhalten. Das kleine Denkmal auf dem katholischen Friedhof wurde, wie Zeitzeugen berichten, 1963 gesprengt. Egal wie unglaubwürdige eine Sprengung auf einem Friedhof klingt, einer Zerstörung des kleinen Denkmals hat niemand im Kreis Paderborn widersprochen. Grund für seine Beseitigung war, dass auf dem Friedhof Platz geschaffen werden sollte für die Beerdigung von Vertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, die in der Nachkriegszeit in den Baracken des ehemaligen Lagers lebten. Das Lager diente jedoch nur bis 1958 als Unterkunft für Vertriebene. Was aber geschah mit den Gebeinen der 41 sowjetischen Offiziere? Es gibt Hinweise auf die Exhumierung von 20 Gebeinen und eine provisorische Umbettung auf einen evangelischen Friedhof in Paderborn. Die Gebeine scheinen jedoch verschollen zu sein. Heute sind 31 Namen bekannt, aber nur 15 Namen sind symbolisch auf den neuen Stelen auf Lagerfriedhof, der auch Russischer Friedhof genannt wird, aufgenommen. Unserer Meinung nach sind archäologische Ausgrabungen und weitere Forschungen in regionalen Archiven nötig, um den Verbleib der Gebeine und ihre angebliche Umbettung aufzuklären.
Der Obelisk auf dem Lagerfriedhof wurde umgebaut. Die Rote Fahne auf der Spitze des Denkmals verschwand und wurde durch ein orthodoxes Kreuz ersetzt. Die Beschwerden von Aktivist*innen haben in Jahren 2000 dazu geführt, dass die damalige, SPD-geführte Landesregierung den ursprünglichen Zustand wieder herstellen wollte. Die Rote Fahne sollte wieder auf der Spitze angebracht werden. Dieser Beschluss wurde nie umgesetzt.
Das Denkmal in Dortmund
Genau wie in Stukenbrock hatten, nach ihrer Befreiung, Kriegsgefangenen in Dortmund ein Denkmal für ihre im Stalag VI D an der Westfalenhalle ums Leben gekommenen Kameraden erbaut. Nach einem Entwurf vom H.J. Krause aus Herne errichteten sie ein 10 Meter hohes Denkmal, das im November 1946 eingeweiht wurde. Die Erbauer wählten für dieses Denkmal einen herausgehobenen Platz am Haupteingang des Hauptfriedhofs. Auch an diesem Denkmal, das Eigentum der Sowjetunion bzw. ihres Rechtsnachfolgers ist, hielten zum Ende 1946 ehemaligen Kriegsgefangenen eine Ehrenwache. Als Anfang der 1960ziger Jahre die Verbreiterung der B 1 geplant wurde, soll eine Firma, die am Hauptfriedhof ansässig ist, Grundstücke, die sich in ihrem Besitz befanden und die für die Verbreiterung gebraucht wurden, beigesteuert haben. Im Gegenzug soll sie Grundstücke am Haupteingang des Hauptfriedhof erhalten haben. Auf einem dieser Grundstücke befand sich zu dieser Zeit das Denkmal zur Erinnerung an die verstorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen. Im Jahr 1963 wurde das Denkmal von seinem Platz am Eingang des Hauptfriedhofs entfernt und eingelagert. 1965 errichtet man es auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg, der auch als Ausländerfriedhof bekannt ist. Die Presse berichtete damals, dass dies „mit Zustimmung den sowjetischen Seite“ geschah. Unsere Anfrage beim Außenministerium und bei der Botschaft der Russischen Föderation haben jedoch ergeben, dass kein einziges Dokument vorliegt, in dem die Zustimmung erteilt wurde.
Wenn auch der neue Platz des Denkmals auf dem Internationalen Friedhof, bei den Gräbern derer, an die es erinnern soll, nach unserer Auffassung angemessen ist, so stellen sich doch einige Fragen zum Ablauf der Umsetzung. Am ursprünglichen, herausgehobenen Platz des Denkmals befinden sich heute Betriebe, die Grabsteine oder Blumen anbieten, und ein Parkplatz.
Das Denkmal in Hamm
Im April 1944 ereignete sich auf der Zeche Sachsen in Hamm-Heessen ein Grubenunglück mit vielen Todesopfern. Insgesamt verunglückten 169 Bergleute, darunter 68 Deutschen und 101 sowjetische Kriegsgefangene. Viele der Verunglückten blieben unter Tage. Für die sowjetischen Opfer wurde nach der Befreiung 1945 ein Obelisk mit ihren Namen auf dem Zechengelände errichtet. Bis Mitte der 1980ziger Jahre stand dieses Denkmal dort. Danach wurde es entfernt. Wer die Entscheidung traf und warum die Stadt Hamm erst im Nachhinein benachrichtigt wurde, ist uns nicht bekannt. Die Platten mit den Namen wurden abgebaut und der Kern zerstört. Nach Informationen aus der Hammer Stadtarchiv sind die Platten wohl für immer verloren. Unsere Nachforschungen haben jedoch gezeigt, dass noch Originaldokumente über das Grubenunglück vorhanden sind, darunter auch eine Namensliste der sowjetische Opfer.
Auf dem Dasbecker Friedhof in Hamm Heessen steht ein Gedenkstein, der an das Bergwerksunglück vom 3. April 1944 erinnert. Es trägt die Inschrift „Für unsere Kameraden und die russischen Kriegsgefangenen“. Daneben steht eine Tafel mit den Namen der deutschen Opfer. Die Informationen aus dem Hammer Stadtarchiv würden die Schaffung einer Erinnerungstafel mit den Namen der ausländischen Bergleute auf dem Dasbecker Friedhof erlauben. Die Stadt Hamm hat für ein solches Vorhaben inzwischen Gesprächsbereitschaft signalisiert.
Das Denkmal in Hemer auf dem Friedhof „Dulo“
Das Stalag VI A in Hemer war das drittgrößte Kriegsgefangenenlager in der Region. Die Stadt Hemer hat zwei Friedhöfe, auf denen Kriegsgefangenen, die im Lager umgekommen sind, begraben wurden. Der größte ist der Friedhof am „Dulo“. Auch hier steht, wie in Dortmund und Stukenbrock, ein Denkmal, das nach den gleichen Muster von Kriegsgefangenen nach ihrer Befreiung 1945 erbaut wurde. Das Denkmal befindet sich am höchsten Punkt der Stadt und die Spitze des Denkmals ziert ein Sowjetstern.
In den 1960ziger Jahren sollte dieser Stern vom Denkmal verschwinden. Es könne nicht sein, dass ein Sowjetstern die Stadt dominiert, beklagten einige Stadtobere. Der damalige Bürgermeister teilte jedoch mit, dass für den Umbau des Denkmals 56 000 D-Mark gebraucht würden. Käme die Summe durch die Einwohner zusammen, würde der Stern abgebaut, ansonsten sei die Sache erledigt.
Das Grabmal auf dem Friedhof in Dortmund Husen
Unsere Recherchen haben gezeigt, dass nicht nur größere Denkmäler betroffen sind, sondern auch Grabmale auf Einzel- oder Gruppengräber sind nicht sicher vor Zerstörung. Auf dem Friedhof in Dortmund Husen wurde vor wenigen Jahren ein Grabmal mit einem Sowjetstern, das an 2 sowjetische Kriegsopfer erinnerte, entfernt.
Angeblich war das Grabmal nicht mehr sicher. Nach Protesten wurde unter Beteiligung der russischen Botschaft und mit Zustimmung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge zwei Kreuze mit den Namen der Verstorbenen errichtet.
Das Geschehen seit dem Bau der Denkmäler und Grabstätten in den ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg, ihre Pflege und Erhaltung in der Nachkriegszeit bis heute zeigt in vielerlei Hinsicht die Haltung von Politik und Verwaltung gegenüber diesen Baudenkmälern.
Für die Zukunft bleibt zu hoffen, dass an die Menschen, die durch Zwangsarbeit, Hunger, Entbehrungen und rassistische Verfolgung ums Leben gebracht wurden, in ihrem Sinne erinnert wird.
Ein Hund läuft über eine grüne Wiese, neben ihm der stolzer Besitzer des Vierbeiners. Die Wiese ist groß und beide haben viel Spaß. Der Hund hat keinen Verstand und sieht in dem Ganzen ein Spiel auf dem Hundeplatz. Das Spiel kennt er, nur heute fehlt die Absperrung und der Spielplatz ist viel größer. Er bemerkt die Begeisterung von Herrchen und Frauchen, er macht Alles richtig. Normalerweise wäre das ein herrliches Bild, aber das ausgelassene Spiel geschieht auf den Gräberfeldern des Internationalem Friedhof Dortmund.
Die Gräberfelder auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg sind schon lange ein beliebter Platz zum Gassi gehen und eine Spielwiese für Hunde. Nicht nur den Hunden, sondern auch ihren Besitzer*innen ist wahrscheinlich unbekannt, dass unter der große Rasenfläche tausende ausländische Kriegsopfer liegen, die in Dortmund Zwangsarbeit leisten mussten.
Nichts weist mehr auf die Tragik des Ortes hin, außer einem kleinen Schild am Eingang. Selbst das sowjetischen Mahnmal, das in den 1960ziger hierher umgesetzt wurde und die Hauptallee krönt, gibt keine Auskunft darüber, dass hier tausende Menschen begraben sind. Ein ganz anderes Bild zeigt sich auf dem Hauptfriedhof, wo die deutschen Kriegsopfer bestattet wurden. Tausende personalisierte Kreuze für nicht nur Bombenopfer, sondern auch für Soldaten der Wehrmacht, SS-Leute, Polizisten und Volkssturmleute kann man dort finden.
Wer hat über das Aussehen des Internationalen Friedhofs am Rennweg entschieden?
Während des Zweiten Weltkrieges ist hier eine unbekannte Zahl von Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen, die an durch Hunger, Krankheit und unmenschlichen Arbeitsbedingungen ums Leben gebracht wurden, beerdigt worden. Damals erhielten die Gräber der Zivilarbeiter*innen „weiße Kreuze“ und auf den Gräbern der Kriegsgefangenen waren Blechschilder. In den 1960ziger Jahren hat die Stadt Dortmund den Internationalen Friedhof neugestaltet. Das sowjetische Mahnmal wurde vom Haupteingang des Hauptfriedhof am Gottesacker auf den Internationalen Friedhof umgesetzt und die Gräber der sowjetischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen auf dem Internationalen Friedhof wurden vom Friedhofsamt der Stadt Dortmund eingeebnet. Es entstanden Rasenflächen, die leicht zu pflegen sind. Nach unserer Kenntnis wurde für diese Veränderungen die Zustimmung der Sowjetunion, die Eigentümerin des Mahnmals war und deren Staatsangehörige in den eingeebneten Kriegsgräbern begraben sind, nicht bei der sowjetischen Botschaft eingeholt.
Auf dem Internationalen Friedhof gibt es weder einen separaten Zaun noch ein Tor, die die Gräber schützten, wie in auf den Friedhöfen in Stukenbrock oder Hemer, wo ebenfalls tausende sowjetische Kriegsgefangene begraben sind. In der Nachkriegszeit erinnerten sich viele Dortmunder*innen noch an diesen Friedhof. Heute erhält der Friedhof wenig Beachtung. Es gibt nur noch wenige Zeitzeuge, die sich an ihn erinnern und viele jüngere Dortmunder*innen wissen oft nichts über den Internationalen Friedhof. Sie wissen nicht, dass es sich bei den Rasenflächen um Gräberfelder handelt, die bis an die Zäune reichen. Selbst die Mitarbeiter*innen den Friedhofsverwaltung denken nicht daran, dass auch unter den neu angelegten Wegen Grabstätten sind.
Nur so kann man erklären, dass die Gräber auf dem Internationalen Friedhof zum Hundespielplatz wurde. Sicherlich ist es kein fehlender Respekt der Hundebesitzer*innen, sondern Unkenntnis über die Tragik des Ortes. Die Stadt Dortmund plant seit mehr als 6 Jahren die Umgestaltung der Gräberfelder und die Aufstellung von 58 Stellen mit Namen der hier begrabenen sowjetischen Kriegsopfern. Bis heute aber ist das Projekt nicht umgesetzt. Nur selten, z.B. am Volkstrauertag gibt es ein Gedenken und es werden Kränze oder Blumen dort niedergelegt. Es wundert also nicht, dass Hunde ungestört ihr „Geschäft“ dort verrichten und mit „Herrchen“ oder „Frauchen“ auf den Rasenflächen herumtollen.
Mit einem Schreiben vom 8.12.1946 beantwortet das Garten- und Friedhofsamt in Dortmund eine Anfrage in der es mitteilt, dass bei einem Bombenangriff am 6. Oktober 1944 die Büros, in denen sich die entsprechenden Unterlagen befanden, zerstört wurden. Darüber hinaus meldet es, für sowjetische Zivilarbeiter*innen lägen Sterbeurkunden vor und die Verstorbenen seien in Einzelgräbern begraben worden. Für die sowjetischen Kriegsgefangenen gibt es an, dass deren Beerdigung Angelegenheit der Wehrmacht gewesen sei und die Verstorbenen in Massengräbern begraben wurden. Bekannt seien nur 1134 Namen von Zivilarbeiter*innen und 621 Namen von sowjetischen Armeeangehörigen. „Über den Rest von 3230 Toten ist nichts bekannt.“ Das Garten- und Friedhofsamt ist bemüht die gemeldete Zahl von 4985 Begräbnissen zu plausibilisieren in dem es vorrechnet: „Wenn man rund 4 Jahre zu Grunde legt, dann entfallen auf einen Tag durchschnittlich 4 Sterbefälle“. Es gibt aber zu bedenken, „dass durch Bombenabwürfe Lager mit mehr als 150 Russen an einem Tag vernichtet worden sind.“
Kurz nach Ende des Krieges teilten verschiedene Stellen in Dortmund unterschiediliche Opferzahl mit. Im Juli 1945 meldete das Garten- und Friedhofsamt auf Anfrage der Alliierten 5326 russische Staatsangehörige, die in Dortmund begraben sind, 3642 Kriegsgefangene, 1684 Zivilarbeiter*innen. Im November 1946 heißt es in einem Schreiben der sowjetischen Militärbehörden an die britischen Militärbehörden: „Offiziell sind auf dem Friedhof 17.000 sowjetische Bürger*innen begraben. Auf der Liste der britischen Militärbehörden stehen 4985, davon 4736 Männer, 132 Frauen, 117 Kinder“ . Die Opferzahl 4985 war kurz vorher, im Oktober 1946, aus Dortmund an die britische Militärbehörde gemeldet worden.
Auf den Internationalen Friedhof am Rennweg in Dortmund sind auf den Gräberfeldern 2,3,4,6,7,8,9,13,16,18,19 sowjetische Bürger*innen begraben. Auf den Gräberfeldern befinden sich Obelisken mit Opferzahlen. Die Gesamtzahl der Opfer von allen Obelisken beträgt 6738.
Wieviel sowjetische Kriegsopfer sind tatsächlich auf dem Internationalen Friedhof begraben?
Es fällt auf, dass im Sterbebuch für „Russische Kriegsgefangene“ alle mit „Unbekannt“ eingetragenen 3230 sowjetischen Kriegsgefangenen im Stalag VI D an der Westfalenhalle zu Tode kamen. Während die 621 namentlich in dieses Sterbebuch eingetragenen Verstorbenen in Arbeitskommandos umkamen, die ebenso wie das Stammlager VI D an der Westfalenhalle der Wehrmacht unterstanden. Offenbar nicht eingetragen wurden Opfer von Bombenabwürfen auf Lager, von denen das Garten- und Friedhofsamt vermutet, dass „mehr als 150 Russen an einem Tag vernichtet worden sind“.
Ein solcher Luftangriff ereignete sich am 4. und 5. Mai 1943 in der Umgebung des Stalag VI D an der Westfalenhalle. 35 Zivilarbeiter*innen sowie 28 französische und 240 sowjetische Kriegsgefangene kamen ums Leben. Die sowjetischen Kriegsgefangenen wurden zunächst als Opfer des Bombenangriffs gemeldet. Die Zahl der getöteten Kriegsgefangenen korrigierte man aber später, indem man die 240 „russischen“ Kriegsgefangenen durchstrich und stattdessen die Zahl 28 eintrug. Ein Dokument der Wehrmacht, das in der Datenbank OBD-Memorial eingesehen werden kann, zeigt 195 namentlich genannte sowjetische Kriegsgefangenen, die bei dem Bombenangriff 5. Mai 1943 getötet und deren Überreste auf dem Internationalen Friedhof auf Feld 4 in einem Massengrab begraben wurden. Das Sterbebuch für „Russische Kriegsgefangene“ verzeichnet für Dienstag, den 4. Mai und Mittwoch, den 5. Mai 1943 keinen einzigen Sterbefall. Die Unterlagen über die Bombenopfer wurden zwar an die Wehrmachtsauskunftstelle (WASt) nach Berlin gesandt, aber offenbar ist der Lagerbericht des Stalag VI D an der Westfalenhalle für die städtischen Behörde verloren gegangen. Nach Auswertung einer großen Anzahl von Personalkarten I konnten von uns 48 Opfer gefunden werden, die in den folgenden 10 Tagen nach dem Luftangriff auf dem Internationalen Friedhof begraben wurden.
Weiter haben unsere Recherchen ergeben, dass auf vielen Personalkarten I der Kriegsgefangenen und auf den Sterbeurkunden der Zivilarbeiter*innen Grabnummern eingetragen wurden. Ein Feld auf dem Internationalen Friedhof hat z.B. Grabnummern von 1 bis 300. Ab Nummer 200 wurden die Gräber sogar doppelt belegt. Das könnte bedeuten, dass dort bis zu 400 Bestattungen vorgenommen wurden. In den Namenslisten konnten für dieses Feld bis heute nur 188 Namen gefunden werden. Das heißt, dass die Listen immer noch lückenhaft sind und die Zahl der sowjetischen Kriegsopfer, die auf dem Internationalen Friedhof begraben, möglicherweise doppelt so hoch ist.
So stellt sich die Frage nach der tatsächlichen Höhe der Opferzahl. Klarheit könnte eine gründliche wissenschaftliche Auswertung von Dokumenten in verschiedenen Archiven und eine archäologische Bodenuntersuchung auf dem Internationalen Friedhof bringen.
Am 2. Mai 1945, genau einen Monat nach der Befreiung des Stalag 326 (VI K) Senne, weihten die ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen auf dem Friedhof, der ganz in Nähe des Lagers war, einen Obelisken ein. Dieser Obelisk trägt in russischer, englischer und deutscher Sprache die Inschrift:
HIER RUHEN DIE IN DER FASCHISTISCHEN GEFANGENSCHAFT ZU TODE GEQUÄLTEN 65000 RUSSISCHEN SOLDATEN – RUHET IN FRIEDEN KAMERADEN! 1941-1945
Am Ostermontag, dem 2. April 1945, übergab die Wehrmacht das Stalag 326 (VI K) in der Senne kampflos an US-amerikanischen Truppen. Bereits seit Ende März war die Lagerleitung handlungsunfähig. Der sowjetische Arzt Wladimir Semjonowitsch Siltschenko, der sich als Kriegsgefangener im Stalag befand, erinnerte sich: „31. März. Das Lager befand sich faktisch in den Händen der Kriegsgefangenen. … Die Deutschen zeigten sich nicht mehr im Lager und die Mitarbeiter des sowjetischen Stabes bewegten sich frei auf dem Lagerterritorium. In jeder Baracke führten sie Gespräche über die entstandene Situation, über die bevorstehende Befreiung und die Notwendigkeit, zu Kämpfen bereit zu sein.“ (Quelle: Das Stammlager 326 (VI K) Senne 1941-1945, Sowjetische Kriegsgefangene als Opfer des Nationalsozialistischen Weltanschauungskrieges, K. Hüser, R.Otto, Verlag Regionalgeschichte, Bielefeld 1992, Seite 172)
Fast 5 Jahre war das Stalag 326 (VI K) in der Senne ein Ort des Leidens und Sterbens für tausende Kriegsgefangene. Im Mai 1941 begann die Wehrmacht dieses Lager in der Senne zu errichten. Für wen es gebaut wurde, zeigte sich nach dem Überfall auf die Sowjetunion. Anfang Juli kamen die ersten sowjetischen Kriegsgefangenen hier an. Auf dem Lagergelände befanden sich zu dieser Zeit weder Unterkünfte noch sanitäre Anlagen für die Gefangenen. Mit minimalen Lebensmittelrationen waren sie sich selbst überlassen. Viele starben an Vernachlässigung, Hunger, Krankheiten und fehlender medizinischer Versorgung. Die Baracken und Einrichtungen des Lagers wurden erst später von den Gefangenen errichtet. Ab November 1942 erhielt das Stalag 326 (VI K) auf Drängen der Reichsvereinigung Kohle u.a. die Funktion eines zentralen Aufnahmelagers für sowjetische Kriegsgefangene, die im Ruhrbergbau eingesetzt werden sollten. War ein Kriegsgefangener für den Bergbau einsatzfähig, wurde er nach der Registrierung, Entlausung und ärztlichen Untersuchung in das Stalag VI A nach Hemer versandt und von dort auf die Zechen im Ruhrgebiet verteilt. Mehr als 300.000 sowjetische Kriegsgefangene durchliefen das Stalag 326 (VI K). In einem in der Zeitung „Roter Stern“ 1958 veröffentlichten Artikel erinnert sich Generalsmajor Viktor Fedorowitsch Choperskij, der im April 1945 als sowjetischer Kriegsgefangener im Stalag 326 war. “Im April 1945 öffneten sich die Tore des Lagers Freiheit, Freiheit, Russen, Polen, Jugoslawen Franzosen umarmten sich, küssten sich, weinten… Aber nicht allen gelang es, den Tag der “zweiten Geburt“ zu erleben… Dem Blick öffnete sich ein weites Feld mit den Hügeln der unbekannten Gräber. Hier ruht die Bevölkerung einer ganzen Stadt.…“ Es entstand der Wunsch, an die tausenden im Lager umgekommen zu erinnern. „Wir können nicht so wegfahren beschlossen die ehemaligen Gefangenen. Wir errichten den Kameraden ein Denkmal. Möge es ewig daran erinnern, was Faschismus ist. Tage und Nächte arbeitete der Soldat und Künstler Alexander Mordan, er schuf eine Skizze nach der anderen auf der Suche nach einer steinernen Verkörperung der Gefühle der tiefen Trauer und des Glaubens an die Zukunft. Ihnen half Kapitän Smirnov, ein Leningrader Ingenieur für Wärmetechnik, der die Arbeitszeichnungen machte.
Sie beschlossen, ein fast 10 m hohes Denkmal zu errichten. Zum Ausheben der Grube kamen zuerst 12 Freiwillige und nach einigen Tagen arbeiteten schon etwa 200 Menschen. Der Wärmetechniker N.P. Smirnov wurde technischer Bauleiter. Die Ausschachter und Verputzer, die das Denkmal mit Marmor verkleideten, Betonierer, Schlosser und Steinmetze arbeiteten so schnell, dass es schien, als ob auf dem Platz unaufhörlich ein menschliches Fließband arbeitete. Alle 10 Minuten wechselten die Schichten – eine größere Anstrengung hielt der Organismus nicht aus. An ihre Stelle traten andere. Und so vom frühen Morgen bis zum späten Abend. In Rekordzeit formte die Schlosserbrigade von Pavel Blozkij aus Schienen der ehemaligen Lagerschmalsparbahn ein metallenes Skelett für das Denkmal. Zum ersten Mal in seiner Praxis begann Ingenieur Viktor Choperskij, der Leiter des Baues wurde, die Arbeit ohne mechanische Hilfsmittel. Ständig war er im Einsatz. Gemeinsam mit einigen Kameraden fuhr er in einem alten Geländewagen „villis“ durch die ausgebombten Städte und suchte nach Marmor, Granit, bunten Kacheln und Fliesen. Er war sowohl ein diplomatischer Leiter wie ein technischer Leiter und sogar Spediteur. Der Bau erhielt störungsfrei alles Notwendige. Und dann war das Denkmal fertig. Tag und Nacht stand eine Ehrenwache….Die ehemaligen Gefangenen richteten den ganzen Friedhof her. Sie machten eine monumentale Umzäunung, einen Platz für die Trauerzeremonien, stellten marmorne Tafeln auf die Gräber..“ Quelle: Stalag 326 Stukenbrock, Hrsg. Arbeitskreis Blumen für Stukenbrock e.V., 4. Auflage
Der Arzt Wladimir Semjonowitsch Siltschenko erinnert sich: „Am 2. Mai wurde das Denkmal nach einer Trauerfeier enthüllt. Den Blicken der Anwesenden bot sich ein 9,5 Meter hoher heller Obelisk, verkleidet mit Marmor, Granit und Keramikplatten. Das Denkmal schmückte eine rote Fahne aus Kunststoff (mit Hammer und Sichel). Bei der Enthüllung des Denkmals waren zugegen: 9000 befreite Häftlinge des Lagers 326; viele Sowjetbürger aus den umliegenden Lagern; polnische und jugoslawische Soldaten, die sich im benachbarten Lager befanden; amerikanische Soldaten und deutsche Einwohner von Stukenbrock.“ Quelle: Das Lager 326, Augenzeugenberichte, Fotos, Dokumente, Hrsg. Arbeitskreis Blumen für Stukenbrock e.V., Porta Westfalica 1988, Seite 51.
In der Nachkriegszeit wurde die Rote Fahne vom Obelisken entfernt und durch ein orthodoxes Kreuz ersetzt. Alle Bemühungen, das ursprüngliche Aussehen des Obelisken wiederherzustellen, blieben bis heute erfolglos.
Und ein weiteres Denkmal wurde auf dem benachbarten Gemeindefriedhof errichtet. Im Jahr 1941 erschoss die Wehrmacht, der das Stalag 326 (VI K) Senne unterstand und die es bewachte, 42 sowjetische Offiziere wegen Arbeitsverweigerung. Sie wurden auf dem nahen Friedhof der St.-Achatius Gemeinde begraben. Nach der Befreiung errichteten ehemaligen Gefangenen des Stalags dort ein Denkmal für die Ermordeten. Es trug in russischer, deutscher und englischer Sprache die Inschrift.
„Hier ruhen russische Soldaten – die ersten Opfer der faschistischen Gefangenschaft 1941 – 1945“
Das Denkmal wurde, mit Genehmigung des damaligen nordrhein-westfälischen Innenministers, in der Nachkriegszeit gesprengt. Der Verbleib der sterblichen Überresten der 42 ermordeten Offiziere ließ sich bis heute nicht klären und ist ungewiss. Die sterblichen Überreste einiger Ermordeten sollen umgebettet worden sein und erlebten eine wahre Odyssee. Zunächst sollen 21 Gebeine nach Bielefeld gebracht worden sein von dort zum Friedhof des Lagers nach Stukenbrock, wo sie beigesetzt worden sein sollen. Heute steht auf dem Platz des kleinen Denkmals ein Mahnmal für die Vertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten.
Als in Dortmund die Zahl der Einwohner Mitte der 1930ziger Jahre auf fast 550.000 Einwohner angewachsen war, wurde das Krematorium umgebaut und auf Gas umgestellt. Bis dahin brauchte man zur Einäscherung einer Leiche 41 Kilogramm Kohle, doch in Kriegszeit wurde dieser Brennstoff für anderer Zwecke gebraucht. Von 1939 bis Oktober 1944 hatte Dortmund das modernste Krematorium in Deutschland. Als im Oktober 1944 die Gasleitung beschädigt wurde, setzte man die Einäscherungen aus.
In den Papieren des Krematoriums fand die Britische Kommission 1945 eine Namensliste westlicher Kriegsopfer, die eingeäschert wurden. Unter den 97 „von der Gestapo hingerichteten und in Krematorium eingeäscherten“ Kriegsgefangene waren auch zwei Namen vom Juni 1942, die ungewöhnlich klangen. Es handelte sich tatsächlich um Sowjets. Diese Entdeckung führte zu der Frage: Gab es möglicherweise weitere sowjetische Opfer? Kurze Zeit später legte die Dortmunder Stadtverwaltung eine Liste mit genau 100 „russischen Namen“ vor. Diese Menschen wurden in Dortmund „eingeäschert“ und in Wewelsburg „beerdigt“. Im September und Oktober 1942 wurden 98 „Russen“ eingeäschert. Stehen die Namen wohl möglich auch in den Dokumenten der Gestapo? Und wirklich ein Vergleich mit den Akten der Gestapo zeigt, mehrere Namen sind in beiden Listen. In den Gestapoakten findet sich bei den Namen der Vermerk „von der Gestapo abgeholt“ und „aus Gestapohaft entlassen“. Noch spannender wird es, wenn man Dokumente aus der Datenbank OBD-Memorial zu diesem Fall untersucht. Für 8 eingeäscherte „Russen“ gibt es dort Dokumente aus der Einwohnermeldekartei des zuständigen Standesamts in Büren mit dem Eintrag „…wohnhaft in Wewelsburg“ .. „ist in Wewelsburg…verstorben“. Als Sterbedatum ist der gleiche oder der nächste Tag nach der „Entlassung“ aus Gestapohaft in Dortmund angegeben. Ist es glaubwürdig, dass 98 Menschen, die im KZ Wewelsburg waren, zuerst dort von der Gestapo verhaftet und nach Dortmund gebracht wurden, dann, nach ihrer Entlassung aus der Gestapohaft, am darauffolgenden Tag in Wewelsburg verstarben, danach nach Dortmund geschafft und dort eingeäschert wurden? Nach Dokumentenlage brachte man jedenfalls die Urnen mit der Asche nach Wewelsburg. Im März 1943 wurden, nach einem Vermerks des SS-Grupenführer Schobel, 55 Urnen der im Oktober eingeäscherten Russen „..wieder an HfH-Do überstellt“. Die Asche der Ermordeten hatte man auf den Felder rund das SS-Lager Wewelsburg verstreut.
Die Britische Kommission stellte in Dortmund wegen fehlender Dokumente keine weiteren Untersuchungen an.
Dennoch ist merkwürdig, dass in 4 Jahren für das Krematorium in Dortmund nur für zwei Monate täglichen Einäscherungen von Kriegsgefangenen belegt sind. In einigen Monaten gibt es zwei-drei Tage an denen Einäscherung stattfanden. Dann folgen mehrere Monaten, ohne dass die Einäscherung von Kriegsgefangenen dokumentiert wäre.
Andererseits ergibt sich aus den Dokumenten ein Vorgehen der Gestapo. Mehrere Personen, hinter deren Namen sich der Vermerk „entlassen“ befindet, wurden noch am selben Tag im Krematorium eingeäschert. In den Jahren 1941 bis 1944 gibt es hunderte Namen in den Listen der Gestapo-Dortmund mit diesem Vermerk. Das Dortmunder Krematorium war eines der modernsten in Deutschland. Dort wurden nicht nur Einäscherungen für Dortmund, sondern auch für Bochum, Bielefeld und sogar für Berlin gemacht . So sind auf einem Gräberfeld auf dem Friedhof Blumenstraße in Bochum, auf dem sowjetische Kriegsgefangene und Zivilarbeiter*innen beerdigt sind, 309 Urnen begrabenen, die mit große Wahrscheinlichkeit aus dem Dortmunder Krematorium kamen. Auf diesem Friedhof wurden während des Krieges auch sowjetische Bürger beerdigt.
Noch trauriger wird die Geschichte durch einen weiteren Punkt. Von 98 „Russen“ erscheinen nur 97 im Wewelsburg auf einer Gedenktafeln. Alexander Kwetkin aus der ukrainischen Stadt Pawlopol hat kein Platz an diesem Ehrenort gefunden. Er hatte sehr oft Pech. Zuerst hat ein Dolmetscher seinen Namen nicht als Kwetkin sondern Quetkin registriert, danach kam er in das SS-Lager Wewelsburg.
Die Tafel in der Gedenkstätte Wewelsburg zeigt die Namen der dort Ermordeten
Ist Alexander Kwetkins Schicksal ein Einzelfall oder gibt es möglicherweise weitere Opfer aus dem SS-Lager Wewelsburg , die von der Gestapo Dortmund ermordet und deren Asche im Wewelsburg verstreut wurde und die heute vergessen sind. Oder sind möglicherweise hunderte Opfer der Gestapo in Dortmund geblieben? Wurden sie hier eingeäschert und wo sind sie begraben? Klarheit können nur weitere Nachforschungen bringen. Jedenfalls sollten alle Opfer der Gestapo, deren Asche in Wewelsburg verstreut wurde, einen Platz auf der Gedenktafel finden.
In den frühen Morgenstunden des 3. April 1944 ereignete sich auf der Zeche Sachsen, im Flöz Präsident, durch die Entzündung eines Gas-Luft-Gemischs, eine Schlagwetterexplosion. 169 Bergleute verloren ihr Leben.
Auf dem Friedhof in Dasbeck erinnern ein Gedenkstein an eine verheerende Schlagwetterexplosion. Eine Gedenkplatte nennt die Namen der deutschen Bergleute.
Wer aber waren die verunglückten Bergleute? Am Unglücksmorgen arbeiten im Streb vier deutsche und 76 sowjetische Hauer, 18 sowjetische Kriegsgefangene, 9 Ostarbeiter sowie 25 Deutsche waren im Streckenvortrieb und in der Strebförderung beschäftigt. Außerhalb des Explosionsorts und bei Rettungsarbeiten starben weitere Bergleute. Die schreckliche Bilanz waren 169 Tote, von denen 127 ihr Grab unter Tage fanden. Unter den Toten waren 56 deutsche und 113 ausländischen Bergleute.
Für 55 Heessener Knappen fand auf dem Dasbecker Friedhof, unter Anteilnahme der Bevölkerung, eine Trauerfeier statt. Die ausländischen Bergleute nannte man nicht. Erst 1947 wurde für die verunglückten sowjetischen Bergleute ein Denkmal mit ihren Namen errichtet. Es befand sich auf dem Zechengelände, wurde aber 1987 abgebaut und zerstört. Fraglich ist, ob dies absichtlich geschah oder ein Versehen war.
Quelle montan.dok/BBA/54/851
Jedenfalls sind 113 Opfer des Grubenunglücks heute namenlos. So begann die Suche nach den ausländischen Opfern. Frühere Anfragen in Hamm gaben wenig Hoffnung ihre Namen noch zu finden. Nach Auskunft des Knappenvereins gab es keine Namen von sowjetischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeitern. Heute stehen aber verschiedene Quellen zur Verfügung, um Dokumente von sowjetischen Kriegsgefangenen ausfindig zu machen. Vielleicht ließen sich durch Recherchen in Dokumenten der Wehrmacht, die in verschiedenen Archiven liegen, wenigstens einige Namen ermitteln. Und wie ist die Dokumentenlage für die Kriegs- und die Nachkriegszeit im Stadtarchiv in Hamm?
Ein Besuch dort war mit keinen hohen Erwartungen verbunden. Doch schon eine erste Sichtung der bereitgestellten Akten war überraschenderweise erfolgreich. Bereits das erste Blatt der Akte war eine Liste mit allen Namen der am 3.04.1944 verunglückten sowjetischen Kriegsgefangenen, einschließlich Hinweisen auf die Registrierungsorte und -nummern. Letzteres ist für die Recherche besonders hilfreich, denn bei der Registrierung erhielt jeder Kriegsgefangene eine Erkennungsmarke, die ihn auf seinem Weg durch die Lager und Arbeitskommandos begleitete. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Namen und Vornamen bei der Registrierung oft falsch aufgenommen wurden. Eine Durchsicht der Dokumente bestätigte diese Annahme, auch bei den vorliegenden Listen sind zwei Drittel der Namen falsch geschrieben. Andere Bestände des Stadtarchivs in Hamm zeigen die Lage der Gräber, die Grabnummerierung, eine Namensliste aus der Nachkriegszeit, die vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge nach Angaben der Kommune erstellt wurde, und den Schriftwechsel mit verschiedenen Behörden und der Stadt, in dem alle Fragen der Grabpflege angesprochen wurden.
Im Stadtarchiv der Stadt Hamm gibt es also zahlreiche Dokumente über die am 3. April bei der Schlagwetterexplosion verunglückten sowjetischen und polnischen Bergleute. 75 Jahre nach dem Ende des Krieges wäre es an der Zeit an sie zu erinnern und ihnen mit einem Gedenkstein ihre Namen zurückzugeben.
Auf dem Friedhof in Dortmund-Huckarde befindet ein Gräberfeld mit 73 Grabsteinen, die Inschriften auf den Steinen sind verwittert und kaum noch lesbar. Die Grabsteine erinnern an die Bergleute, die vor 76 Jahren bei einem Grubenunglück ums Leben kamen. Während des Schichtwechsels am 16. März 1944 ereignete sich auf Zeche Hansa ein schweres Unglück. Gegen 5.30 wurden mehrere Schlagwetterexplosionen in der 1. nördlichen Abteilung der 8. Sohle ausgelöst. Ausfahrende Bergleute berichteten von verletzten Kollegen. Schnell waren Grubenwehren aus mehreren Zechen zur Stelle. Sie konnten 37 Verletzte bergen. 94 Bergleute jedoch starben. 29 Toten wurden geborgen, 25 Deutsche und 4 Russen. Die 25 deutschen Bergleute wurden auf dem Huckarder Friedhof, unter großer Anteilnahme der Bevölkerung, beigesetzt. An der Trauerfeier nahmen mehr als 1000 Menschen teil. Die 4 Russen, sowjetische Kriegsgefangene, wurden nicht auf diesem Friedhof beigesetzt, sondern vermutlich auf dem Ausländerfriedhof am Rennweg begraben, ebenso wie wahrscheinlich auch 4 sowjetischen Kriegsgefangenen, die einige Tage später an ihren Verletzungen starben. Zeitgenössische Veröffentlichungen geben an, dass 65 Bergleute, darunter 28 überwiegend sowjetische Kriegsgefangene, im Brandfeld blieben. Vasilii Iwanowitsch Artijchin und Wasilii Iljitsch Wawilow gehörten zu den sowjetischen Kriegsgefangenen, die im Brandfeld blieben.
Vasilii Artijchin, geboren 6.6.1913, war von Beruf Schlosser. Am 17.7.1941 geriet er in deutsche Kriegsgefangenschaft. Er wurde im Stalag XI A in Dörnitz registriert und erhielt die Erkennungsmarken mit der Nr. 120554, ab November war er im Bau Batl.151, dann bei verschiedenen Arbeitskommandos. Am 9.9.1943 wurde er zum Stalag VI A nach Hemer überstellt. Ab Oktober 1943 war Vasilii Artijchin auf der Zeche Hansa. Seine Personalkarte trägt den Vermerk „Am 16.3.1944 inf. Grubenunglück auf Zeche Hansa, Dortmund Huckarde vermisst“.
Wasilii Iljitsch Wawilow, geboren am 14.1.1919, war von Beruf Bauer. Er wurde am 18.9.1941 gefangengenommen und im Stalag X B in Sandbostel registriert. Er erhielt eine Erkennungsmarke mit der Nr. 127642. Am 23.8.1943 wurde er nach Hemer, ins Stalag VI A, überstellt. Ab 28.8.1943 war er auf der Zeche Hansa. Auch seine Personalkarte trägt den Vermerk „Am 16.3.1944 inf. Grubenunglück auf Zeche Hansa, Dortmund Huckarde vermisst“.
Seit 1942 wurden auf den Zechen im Ruhrgebiet die zur Wehrmacht eingezogenen Bergleute durch Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter ersetzt. Auf der Zeche Hansa waren im Jahre 1944 54 % der Bergleute Kriegsgefangene oder Zivilarbeiter aus der Sowjetunion, aus Polen, Frankreich und Belgien. Sie alle waren in Huckarde in der Nähe der Zeche in Barackenlagern untergebracht und legten jeden Tag den Weg vom Lager zur Zeche zurück. Das Grubenunglück vom März 1944 blieb in Huckarde in trauriger Erinnerung. Noch immer waren die meisten Bergleute nicht geborgen. Am 7. Januar 1952 brach man die Brandmauer auf der 8. Sohle auf. 10 Bergleuten wurden gefunden, die Identifizierung der Toten war nicht möglich. Zur Erinnerung an die Toten der Grubenunglücke von 1940 und 1944 auf der Zeche Hansa wurde am 16. März 1952 eine Bronzefigur, geschaffen von Wilhelm Wulff, eingeweiht.
Friedhof Huckarde
Luftbilder aus den 60ziger Jahren
zeigen eine Neugestaltung des Gräberfeldes. 73 Grabkissen erinnern an die
verunglückten Bergleute vom 16. März 1944. Auf den Steinen in der 2. und 3.
Reihe finden sich auch die Namen von sowjetischen, französischen, polnischen und
belgischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeitern, darunter auch die Namen von
Wasilii Warwilow und Vasilii Artijchin.
In jedem Land der Erde gibt es auf Friedhöfen und Bestattungsorten Symbole und Zeichen, die an die Verstorbenen erinnern. Viele Besucher*innen des Internationalen Friedhofs am Rennweg in Dortmund sind daher schockiert, wenn sie erfahren, dass die grünen Wiesen, auf denen sie stehen, in Wirklichkeit Gräber sind. Die Ruhestätten der Verstorbenen des 2. Weltkriegs haben ein sehr unterschiedliches Aussehen. Während sich auf den Gräbern von Verstorbenen deutscher Nationalität in der Regel ein Kreuz, oft sogar mit dem Namen, befindet, ist das auf dem Internationalen Friedhof nicht der Fall. Tatsächlich hat der Internationale Friedhof heute einen parkähnlichen Charakter. Für die polnischen und serbischen Opfer wurden separate Grabfelder mit Grabmalen, die die Namen tragen, geschaffen, für die sowjetischen Kriegsopfer aber ist das nicht der Fall. Auf den Feldern der sowjetischen Kriegsopfer sind Obelisken, die in allgemeiner Form an die Zahl der Verstorbenen erinnern, aber nichts erinnert an den einzelnen Menschen. Das mag auch daran liegen, dass in der Nachkriegszeit viele Namen nicht bekannt waren. Viele der als unbekannt begrabenen Menschen waren Kriegsgefangene, die im Stalag VI D an der Westfalenhalle verstorben sind. Die Identität dieser Menschen war der Wehrmacht, der das Lager unterstand, bekannt. Die Namen wurden der Friedhofsverwaltung jedoch nicht mitgeteilt. Die Verstorbenen trug man als „unbekannt“ in das Sterbebuch beim Hauptfriedhof ein. Dieses Sterbebuch zeigt für die Zeit vom Herbst 1941 bis zum Frühjahr 1943 keinen einzigen namentlichen Eintrag. Die Personaldokumente der Verstorbenen wurden regelmäßig an die Wehrmachtsauskunftstelle gesandt. Die Kriegsgefangenen, die nicht namenlos begraben wurden, kamen aus den Arbeitskommandos, in denen sie Zwangsarbeit leisten mussten. Viele starben dort durch tödliche Arbeitsunfälle oder wurden auf der Flucht erschossen.
Die Stadt Dortmund hat die namenlosen Bestattung einer sehr großen Zahl von sowjetischen Kriegsgefangenen und von sowjetischen Zivilarbeiter*innen weder während des Krieges noch in der Nachkriegszeit hinterfragt. In der Nachkriegszeit wurden auf vielen Friedhöfen die Grabmarkierungen von den Gräbern entfernt, so auch auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg. Ein Kreuz oder ein Grabstein blieb den sowjetischen Kriegsopfern auch in der Nachkriegszeit versagt, da die damalige NRW-Landesregierung dies für zu kostenintensiv hielt.
Wie viele sowjetische Kriegsopfer tatsächlich auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg begraben sind, ist bis heute unbekannt. Kurz nach dem Krieg wurden verschiedene Zahlen genannt. So spricht ein Dokument aus der Sowjetunion von 17000 Verstorbenen, die dort begraben sind. Das Sterbebuch des Hauptfriedhofs für sowjetische Kriegsgefangene, das jedoch lückenhaft ist, und die Sterbeurkunden von Zivilarbeiter*innen weisen insgesamt 1755 namentliche Einträge auf und 3230 Einträge mit dem Vermerk „unbekannt“. Diese Zahl wurde in der Nachkriegszeit, auf Verlangen der Alliierten, von der Stadt Dortmund an die Bezirksregierung in Arnsberg gemeldet. Die sowjetischen Militärbehörden erhielten ebenfalls eine Nachricht über die Zahl der verstorbenen sowjetischen Bürger*innen.
An diesen Zahlen aus der Nachkriegszeit hält die Stadt Dortmund bis heute fest, obwohl Personaldokumente von verstorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen, die in Westdeutschland Zwangsarbeit leisten mussten, heute in verschiedenen Archiven zugänglich sind. So ist es durch umfangreiche Recherchen, die zu einem wesentlichen Teil von Dmitriy Kostovarov vom historischen Verein Ar.kod.M e.V. durchgeführt wurden, gelungen eine große Anzahl von Namen der auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg begrabenen sowjetischen Kriegsgefangenen zu ermitteln.
Gedenken auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg in Dortmund
Heute gibt es eine Namensliste mit 4466 Namen, die sowohl der Stadt Dortmund als auch dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und der Botschaft der Russischen Föderation vorliegt. Die tatsächliche Zahl der Bestattungen auf dem Internationalen Friedhof dürfte aber viel höher sein, als die dokumentierten 4985 Bestattungen. Es lässt sich eine größere Zahl von Todesfällen nachweisen, die nicht eingetragen wurden. Man muss also davon ausgehen, dass in den Kriegswirren wahrscheinlich nicht alle Bestattungen dokumentiert wurden. Die Beschäftigung mit diesem Thema zeigt, dass viele Schicksale noch im Dunkeln liegen. Es zeigt sich aber auch, dass heute viele Recherchemöglichkeiten in Archiven bestehen. Weitere Nachforschungen müssten von der Kommune selbst durchgeführt werden oder zumindest großzügig unterstützt werden, wenn sie von bürgerschaftlichen Initiative angestellt werden.