Ein Hund läuft über eine grüne Wiese, neben ihm der stolzer Besitzer des Vierbeiners. Die Wiese ist groß und beide haben viel Spaß. Der Hund hat keinen Verstand und sieht in dem Ganzen ein Spiel auf dem Hundeplatz. Das Spiel kennt er, nur heute fehlt die Absperrung und der Spielplatz ist viel größer. Er bemerkt die Begeisterung von Herrchen und Frauchen, er macht Alles richtig. Normalerweise wäre das ein herrliches Bild, aber das ausgelassene Spiel geschieht auf den Gräberfeldern des Internationalem Friedhof Dortmund.
Die Gräberfelder auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg sind schon lange ein beliebter Platz zum Gassi gehen und eine Spielwiese für Hunde. Nicht nur den Hunden, sondern auch ihren Besitzer*innen ist wahrscheinlich unbekannt, dass unter der große Rasenfläche tausende ausländische Kriegsopfer liegen, die in Dortmund Zwangsarbeit leisten mussten.
Nichts weist mehr auf die Tragik des Ortes hin, außer einem kleinen Schild am Eingang. Selbst das sowjetischen Mahnmal, das in den 1960ziger hierher umgesetzt wurde und die Hauptallee krönt, gibt keine Auskunft darüber, dass hier tausende Menschen begraben sind. Ein ganz anderes Bild zeigt sich auf dem Hauptfriedhof, wo die deutschen Kriegsopfer bestattet wurden. Tausende personalisierte Kreuze für nicht nur Bombenopfer, sondern auch für Soldaten der Wehrmacht, SS-Leute, Polizisten und Volkssturmleute kann man dort finden.
Wer hat über das Aussehen des Internationalen Friedhofs am Rennweg entschieden?
Während des Zweiten Weltkrieges ist hier eine unbekannte Zahl von Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen, die an durch Hunger, Krankheit und unmenschlichen Arbeitsbedingungen ums Leben gebracht wurden, beerdigt worden. Damals erhielten die Gräber der Zivilarbeiter*innen „weiße Kreuze“ und auf den Gräbern der Kriegsgefangenen waren Blechschilder. In den 1960ziger Jahren hat die Stadt Dortmund den Internationalen Friedhof neugestaltet. Das sowjetische Mahnmal wurde vom Haupteingang des Hauptfriedhof am Gottesacker auf den Internationalen Friedhof umgesetzt und die Gräber der sowjetischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen auf dem Internationalen Friedhof wurden vom Friedhofsamt der Stadt Dortmund eingeebnet. Es entstanden Rasenflächen, die leicht zu pflegen sind. Nach unserer Kenntnis wurde für diese Veränderungen die Zustimmung der Sowjetunion, die Eigentümerin des Mahnmals war und deren Staatsangehörige in den eingeebneten Kriegsgräbern begraben sind, nicht bei der sowjetischen Botschaft eingeholt.
Auf dem Internationalen Friedhof gibt es weder einen separaten Zaun noch ein Tor, die die Gräber schützten, wie in auf den Friedhöfen in Stukenbrock oder Hemer, wo ebenfalls tausende sowjetische Kriegsgefangene begraben sind. In der Nachkriegszeit erinnerten sich viele Dortmunder*innen noch an diesen Friedhof.
Heute erhält der Friedhof wenig Beachtung. Es gibt nur noch wenige Zeitzeuge, die sich an ihn erinnern und viele jüngere Dortmunder*innen wissen oft nichts über den Internationalen Friedhof. Sie wissen nicht, dass es sich bei den Rasenflächen um Gräberfelder handelt, die bis an die Zäune reichen. Selbst die Mitarbeiter*innen den Friedhofsverwaltung denken nicht daran, dass auch unter den neu angelegten Wegen Grabstätten sind.
Nur so kann man erklären, dass die Gräber auf dem Internationalen Friedhof zum Hundespielplatz wurde. Sicherlich ist es kein fehlender Respekt der Hundebesitzer*innen, sondern Unkenntnis über die Tragik des Ortes. Die Stadt Dortmund plant seit mehr als 6 Jahren die Umgestaltung der Gräberfelder und die Aufstellung von 58 Stellen mit Namen der hier begrabenen sowjetischen Kriegsopfern. Bis heute aber ist das Projekt nicht umgesetzt. Nur selten, z.B. am Volkstrauertag gibt es ein Gedenken und es werden Kränze oder Blumen dort niedergelegt. Es wundert also nicht, dass Hunde ungestört ihr „Geschäft“ dort verrichten und mit „Herrchen“ oder „Frauchen“ auf den Rasenflächen herumtollen.